Selbstorganisation ist Chefsache Teil 4

2022 haben wir im Fachverband Organisationsberatung / Changemanagement des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberatungen (BDU) an einem Positionspapier zur Selbstorganisation und Agilität mitgearbeitet.


Unternehmer und verantwortliche Manager stehen vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Die wesentlichen Spannungsfelder der Organisationsentwicklung haben wir in einer kleinen Serie zusammengefasst.

Leistungsträger vs. Rollenspieler

ist ein Thema mit viel Brisanz. Wenn hier die Rollen der einzelnen Teammitglieder nicht sehr sauber definiert sind, können Unzufriedenheit und Frustruation auf beiden Seiten entstehen. Dies durfte ich in meinem eigenen Berufsleben mehrfach erleben.

Betrachten wir das Ganze einmal aus der Sicht der #highperformance. Sie glänzen, sie werden hofiert und erhalten die fettesten Prämien. Und das zurecht, sonst sind sie schnell weg und spielen in einem anderen Team.

Ich habe einmal in einem Start up gearbeitet, dass – eigentlich einen sehr modernen und fairen Ansatz verfolgt hat – alle Mitarbeiter gleich zu bezahlen und auch im selben Maße am Unternehmenserfolg in Form von Prämien zu beteiligen.

In den ersten Monaten, in denen sich alle Mitarbeitenden langsam eingearbeitet haben und ihre Rollen gefunden haben, war das super. Mit zunehmender Zeit wurden dann jedoch Leistungsunterschiede zwischen den einzelnen Teammitgliedern deutlich. Für Abschlüsse und Leistungserbringung gegenüber dem Kunden zuständige Mitarbeitende erreichten deutlich unterschiedliche Ergebnisse. Auch auf Grundlage von persönlichem, zeitlichen Einsatz in Form von Überstunden.

Schnell entstanden in den Teammeetings Aussagen wie „Du bringst nix“ oder „Wenn ich nicht Gas geben würde, hätten wir gar keinen Umsatz“ und „Ich habe dein Gehalt eingespielt“ Die unerfahrene Leitungsebene steuerte hier nicht dagegen und blieb bei dem ursprünglichen Ansatz, „…wir sind doch alle ein Team.“ Die Konsequenz, die Top-Umsatz-Träger verließen das Unternehmen sukzessive. Das Unternehmen geriet in eine wirtschaftliche Krise.

Auch Fragestellungen wie „…können wir uns so teure Backoffice-Mitarbeiter überhaupt leisten?“, die von Leistungsträgern gestellt wurden, wurden von der Unternehmensleitung gar nicht oder mit Schulterzucken beantwortet.

Betrachten wir die Situation einmal aus der Sicht der Rollenspieler. Sie arbeiten im Hintergrund, recherchieren, planen und organisieren und halten den Leistungsträgern und Umsatzbringern den Rücken frei. Sie sind in der Regel schlechter bezahlt und gerade in leistungsorientierten Unternehmen häufig nicht an Prämienregelungen beteiligt. Ihr Job ist nicht glamourös, ihre Leistung wird häufig nicht wahrgenommen und Lob gibt es auch keines.

Gute Rollenspieler sind ein seltenes Gut. Wer schon einmal eine gute Assistenz oder eine gute Sekretariatskraft gesucht hat, weiß wie schwer es ist, passende Mitarbeitende zu finden, die ein Unternehmen wirklich entlasten.

Einer der häufigsten Fehler in Unternehmen ist die Fokussierung auf Leistungsträger und die Nichtbeachtung von Rollenspielern. Hier kann die Unternehmensleitung gegensteuern, wenn sie klar macht, dass alle Rollen im Team wichtig sind und dass nachhaltiger Erfolg nur erreicht werden kann, wenn alle ihre Rollen ausfüllen. Dies gilt insbesondere in Richtung der Leistungsträger, denen klar gemacht werden muss, dass sie mit ihren unterstützenden Kollegen wertschätzend umgehen müssen.

Als Jürgen Klopp den FC Liverpool als Trainer übernommen hat, hat er alle seine Spieler – also die Leistungsträger und Superstars – zusammengeholt und ihnen alle im Hintergrund tätigen Mitarbeitenden (Verwaltung, Küche, Physio, Reinigung, Platzpflege etc.) des FC Liverpool seinen Spielern namentlich vorgestellt. Er erwartet, dass die Spieler sich die Namen merken und wissen, wer dafür sorgt, dass sie auf dem Platz ihre Leistung erbringen können.

Ein sicherlich sehr außergewöhnliches Beispiel, das jedoch aufzeigt, wie man es richtig macht.

In diesem Text wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.

Rechtlicher Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine Steuer- oder Rechtsberatung im Einzelfall dar. Bitte lasse die Sachverhalte im konkreten Einzelfall von einem Rechtsanwalt / Steuerberater klären.