Das Geschirrspüler-Phänomen: Warum Verantwortung übernehmen nicht nur in der Küche zählt

Es gibt ein Phänomen, das uns in nahezu jedem Unternehmen begegnet – wir nennen es das Geschirrspüler-Phänomen. Es beginnt in der Büroküche: Die Kaffeetassen stapeln sich, der Geschirrspüler ist voll oder leer, aber niemand fühlt sich dafür verantwortlich, etwas daran zu ändern. Oft kümmern sich immer dieselben Personen darum, während andere scheinbar unbeteiligt bleiben.

Dieses banale Beispiel steht für ein viel größeres Thema in Teams: fehlende Verantwortungsübernahme. Und genau hier trifft die berühmte Geschichte über die Kollegen Jeder, Jemand, Irgendjemand und Niemand ins Schwarze:

„Jeder war sich sicher, dass sich Jemand darum kümmert. Irgendjemand hätte es tun können, aber Niemand tat es. Jemand wurde wütend, weil es Jeders Arbeit war. Jeder dachte, Irgendjemand könnte es machen, aber Jeder wusste, dass Niemand es tun würde. Schließlich beschuldigte Jeder Jemand, weil Niemand tat, was Irgendjemand hätte tun können.“

Die Verbindung zwischen diesen beiden Geschichten? In beiden Fällen wird Verantwortung weitergereicht, bis am Ende nichts passiert – außer Frust, Unmut und Missverständnissen.

Das Geschirrspüler-Phänomen und seine „Verwandten“

Der unausgesprochene Streit um den Geschirrspüler ist kein Einzelfall. Hier sind weitere Beispiele, bei denen fehlende Verantwortungsübernahme auffällt:

  1. Die ständig blinkende Druckeranzeige
    Der Drucker zeigt seit Tagen „Papier nachfüllen“ oder „Toner wechseln“ an. Alle sehen es, aber niemand handelt. Jede*r verlässt sich darauf, dass „schon jemand anderes das machen wird“.
  2. Das klingelnde Telefon
    Das Telefon klingelt, die Kollegin ist im Homeoffice oder im Meeting. Der Anruf bleibt unbeantwortet, weil sich jeder denkt „Ist ja nicht mein Telefon.“ Der Kunde, der vielleicht seine Pause genutzt hat, um schnell sein Anliegen vorzutragen, ist verärgert, dass „in diesem Saftladen“ keiner rangeht.
  3. Das liegengebliebene Meeting-Protokoll
    Nach einem wichtigen Meeting ist eigentlich klar, dass die besprochenen Punkte festgehalten werden müssen. Doch da niemand offiziell dafür zuständig ist, bleibt es unprotokolliert – und die To-Dos verschwinden im Nichts oder jeder hat sich notiert, was er meint verstanden zu haben und was ihn vermeintlich direkt betrifft.
  4. Der leere Kühlschrank in der Büroküche
    Die Milch ist leer, der Kaffee auch – aber niemand geht einkaufen, weil es keinen festen Plan oder eine klare Zuständigkeit gibt. Stattdessen beschweren sich alle, dass „nie etwas da ist“.
  5. Die unterbrochene Kommunikation im Projekt
    Ein Teammitglied wartet auf Feedback, das andere darauf, dass ein Update kommt – und am Ende stagniert das Projekt, weil niemand klar kommuniziert hat, wer die nächste Aktion übernimmt.

Was diese Beispiele gemeinsam haben

In jedem dieser Szenarien geht es weniger um die eigentliche Aufgabe – sei es der Geschirrspüler, der Drucker oder das Protokoll – sondern um ein größeres Thema: Rollenklärung und Verantwortung. Die Verantwortung wird häufig weitergeschoben, und das führt zu Frustration, ineffizienter Zusammenarbeit und sogar Konflikten.

Warum Verantwortung übernehmen oft scheitert

Doch warum fällt es so schwer, Verantwortung zu übernehmen? Häufig liegen die Gründe in diesen drei Bereichen:

  1. Unklare Zuständigkeiten
    Es ist nicht klar definiert, wer für was verantwortlich ist. Das führt zu Annahmen wie „Das ist nicht meine Aufgabe“ oder „Das macht bestimmt jemand anderes“.
  2. Fehlender Mut, Verantwortung aktiv zu übernehmen
    Manche Menschen scheuen sich davor, Verantwortung zu übernehmen, weil sie fürchten, Fehler zu machen oder dafür kritisiert zu werden.
  3. Ungesunde Teamkultur
    In einer Teamkultur, in der Verantwortung nicht wertgeschätzt oder belohnt wird, neigen Mitarbeitende dazu, sich zurückzuhalten und nur das Nötigste zu tun.

Verantwortung aktiv fördern: Vom Geschirrspüler zur Teamkultur

Wie kann ein Team das Geschirrspüler-Phänomen – und seine Verwandten – überwinden? Es beginnt bei der eigenen Haltung und einer offenen Kommunikation. Hier sind drei Ansätze:

  1. Rollen und Zuständigkeiten klar definieren
    Teams, in denen klar geregelt ist, wer für welche Aufgaben verantwortlich ist, haben weniger Konflikte und Missverständnisse. Das gilt für kleine Dinge wie den Geschirrspüler genauso wie für größere Projekte.
  2. Eigenverantwortung fördern
    Jedes Teammitglied sollte ermutigt werden, nicht nur auf „die anderen“ zu warten, sondern proaktiv zu handeln. Das bedeutet auch, sich selbst zu fragen: „Was kann ich tun, um die Situation zu verbessern?“
  3. Themen offen ansprechen
    Probleme wie das Geschirrspüler-Phänomen entstehen oft, weil niemand sie anspricht. Eine offene Diskussion im Team kann klären, warum bestimmte Aufgaben nicht erledigt werden und wie man das in Zukunft ändern möchte.

Verantwortung ist ansteckend

Die Geschichte über Jeder, Jemand, Irgendjemand und Niemand zeigt, wie leicht Verantwortung in einem Team verloren gehen kann – und wie wichtig es ist, bewusst gegenzusteuern. Indem Teams Verantwortung aktiv klären und fördern, lösen sie nicht nur den Streit um den Geschirrspüler, sondern legen auch die Grundlage für eine bessere Zusammenarbeit.

Denn Verantwortung übernehmen beginnt im Kleinen, aber es wirkt sich auf das Große aus. Stell dir mal selbst die Frage: Wie gehst du und dein Team mit dem Geschirrspüler-Phänomen um?

In diesem Text wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum verwendet. Weibliche und anderweitige Geschlechteridentitäten werden dabei ausdrücklich mitgemeint, soweit es für die Aussage erforderlich ist.

Rechtlicher Hinweis: Dieser Beitrag stellt keine Steuer- oder Rechtsberatung im Einzelfall dar. Bitte lasse die Sachverhalte im konkreten Einzelfall von einem Rechtsanwalt / Steuerberater klären.